Lebensmittelhandwerk braucht dringend Entlastungen
29.12.2025
Das sächsische Bäckerhandwerk blickt mit gemischten Gefühlen auf das Jahr 2026. Einerseits setzen die Betriebe weiterhin auf Qualität, Handwerk und regionale Produkte. Andererseits wächst der Druck: steigende Personalkosten, Unsicherheit am Energiemarkt, hohe Strompreise und immer neue bürokratische Vorgaben belasten den Betriebsalltag spürbar.
Vor diesem Hintergrund fordert der Sächsische Handwerkstag (SHT) gemeinsam mit dem Bäckerhandwerk deutlich spürbare Entlastungen der Branche. „Die Bonpflicht gehört endlich abgeschafft, so wie es im Koalitionsvertrag auch steht. Die Arbeitszeit für Bäcker am Sonntag muss flexibilisiert und die Regelungen zu den Industrie-Strompreisen müssen auch für die energieintensiven Handwerksbetriebe gelten“, sagt SHT-Präsident Uwe Nostitz.
Gerade die Bonpflicht sorgt in den Bäckereien für Unverständnis. Deutliche Worte kommen aus den Betrieben selbst. Stefan Richter, Landesobermeister des Landesinnungsverband Saxonia des Bäckerhandwerks Sachsen, kritisiert die Regelung als realitätsfern: „Die Bonpflicht ist ein Bürokratie-Relikt. Sie bringt weder mehr Steuergerechtigkeit noch mehr Transparenz, belastet aber täglich unsere Verkäuferinnen und Verkäufer – vor allem in den Stoßzeiten. Wer morgens schnell Brot und Brötchen kauft, will keinen Kassenzettel, sondern einen reibungslosen Ablauf.“
Wenn man jeden Bon, der an einem Tag in den sächsischen Bäckereien ausgedruckt wird, aneinanderlegen würde, reicht das von Dresden bis zum Fichtelberg und zurück, sagt Manuela Lohse, Geschäftsführerin des Landesinnungsverbandes. Der Papierverbrauch sei enorm. „Die Mehrzahl der Verbraucher lässt den Bon am Tresen liegen. Das ist weggeschmissenes Papier.“
Kassenbons via QR-Code hätten die wenigsten Unternehmen. „Der Energieverbrauch digitaler Kassenbons ist real – auch ohne Papier. Digitalisierung ist sinnvoll aber nicht automatisch kostenlos oder klimaneutral“, erklärt Stefan Richter. Der QR-Bon ist kein Null-Energie-Produkt. Die Hauptlast entsteht bei Nutzung und Anzeige, nicht im Rechenzentrum.
Auch aus Umweltperspektive ist die Bonpflicht aus Sicht des Handwerks nicht mehr vermittelbar. „Einerseits wird Nachhaltigkeit eingefordert, andererseits werden tausende Betriebe gezwungen, täglich Papier zu drucken, das niemand braucht“, ergänzt Uwe Nostitz. „Die Abschaffung der Bonpflicht wäre ein sofort wirksames Signal – ohne Kosten für den Staat.“
Rund 1.000 Bäckereien und Konditoreien sind in Sachsen registriert. Viele spüren eine Kaufzurückhaltung und eine hohe Preissensibilität der Kundschaft. Gleichzeitig bleiben die Energiekosten auf hohem Niveau. „Die Bundesregierung muss ihr Versprechen einlösen und die Strompreise für alle senken – nicht nur für die Industrie“, fordert Nostitz. „Wenn der Staat Netzentgelte subventioniert, muss auch sichergestellt sein, dass diese Entlastung bei den Betrieben ankommt.“ Die Unsicherheiten am Energiemarkt treibt die Branche um. Viele Bäcker stehen vor der Entscheidung: „Kauft man noch einen Gasbackofen? Schließt der Energieversorger den energieintensiven Elektroofen an und zu welchem Preis?“, ergänzt Landesobermeister Richter.
Ein weiteres drängendes Thema sind die Arbeitszeitregelungen im Bäckerhandwerk. „In der Produktion dürfen Beschäftigte sonntags bislang nur drei Stunden arbeiten. Das reicht in der Praxis nicht aus, um eine verlässliche Versorgung mit frischen Backwaren sicherzustellen“, so Nostitz. „Hier brauchen die Betriebe mehr Flexibilität.“
Hinzu kommen steigende Personalkosten. Bäckereien zählen zu den personalintensivsten Handwerksbranchen. Die Erhöhung des Mindestlohns zum 1. Januar 2026 verschärft die Situation zusätzlich. „Es geht nicht nur um den Mindestlohn selbst, sondern um die Lohnabstände zu Fachkräften und erfahrenen Mitarbeitenden“, erklärt Lohse. „Diese müssen erhalten bleiben, sonst verlieren wir Qualifikation und Motivation.“
Die letzte Konjunkturumfrage des SHT zeigt den Ernst der Lage: 44 Prozent der Handwerksbetriebe rechnen mit schlechter laufenden Geschäften. So pessimistisch war die Stimmung zuletzt vor rund zehn Jahren.
Stefan Richter bringt es auf den Punkt: „Unsere Betriebe brauchen jetzt Entscheidungen, die im Alltag wirken: weniger Bürokratie, realistische Arbeitszeitregelungen und bezahlbaren Strom. Für weitere Ankündigungen haben wir keine Zeit mehr.“