Zukunftserwartungen im Handwerk auf Zehn-Jahres-Tief

06.11.2025

Sächsischer Handwerkstag: Zufriedenheitswerte sinken / Wirtschaft muss endlich wieder wachsen / Vertrauen und Zuversicht zurückgewinnen

Die Stimmung im sächsischen Handwerk hat sich deutlich eingetrübt. Nur noch etwas mehr als ein Drittel der Unternehmen schätzt die aktuelle Geschäftslage als gut ein. Das sind zehn Prozentpunkte weniger im Vergleich zum Vorjahr. Im freien Fall befinden sich die Erwartungen für die kommenden Monate. Über alle Gewerke hinweg rechnen die Betriebe nicht damit, dass sich ihre wirtschaftliche Situation in absehbarer Zeit verbessern wird.

„Das ist ein gefährlicher Zustand“, mahnt Andreas Brzezinski, Sprecher des Geschäftsführerkollegiums des Sächsischen Handwerkstages. „Wirtschaft ist zu 50 Prozent Psychologie. Wenn die Unternehmen kein Vertrauen und keine Zuversicht haben, werden sie nicht investieren und Arbeitsplätze schaffen. Ohne Investitionen gibt es auch kein Wachstum. Deshalb brauchen wir politisch dringend wirksame Impulse, die einen Aufschwung erzeugen. Die Entscheider dürfen sich nicht im Klein-Klein verzetteln“, so Andreas Brzezinski.

„Der Anteil der Sozialabgaben liegt derzeit bei 43 Prozent. Das halten die Unternehmen auf Dauer nicht raus. An der Stelle brauchen wir dringend Entlastungen und Reformen.“


Zu den Konjunktur-Ergebnissen im Detail

37 Prozent der Betriebe bezeichnen ihre derzeitige Geschäftslage als gut. Zum Vergleich: Im Herbst 2018 waren es mit 71 Prozent fast doppelt so viel. Selbst während der Corona-Pandemie lagen die Durchschnittswerte über denen von diesem Jahr. Das zeigt, mit welchen Herausforderungen die Unternehmen derzeit zu kämpfen haben.

Die Positivbewertungen sind im Vergleich zum Vorjahr in allen Gewerken rückläufig. Im Kfz-Gewerbe, im Ausbau- und im Nahrungsmittelhandwerk sanken die Werte um 14 bzw. 13 Prozentpunkte.

Eine Ursache liegt in den Auftragsbüchern. Diese füllen sich in vielen Unternehmen nur noch schleppend. Noch liegt der Auftragsvorlauf im Schnitt bei 9,2 Wochen (2024: 9,6 Wochen). Im Jahr 2022 war der Wert aber auch schon einmal 12,8 Wochen.

Ein Drittel der Betriebe klagt über geringere Auftragseingänge in den vergangenen Wochen. Das zeigt, dass die von der Politik angekündigten Investitionen in den Unternehmen noch nicht ankommen.

Drei von zehn Unternehmen verzeichneten im Berichtsquartal sinkende Umsätze. Besonders betroffen waren die Handwerke für den gewerblichen Bedarf. Sie sind häufig als Zulieferer oder Dienstleister für die zurzeit schwächelnde Industrie tätig.

Einzig die personenbezogenen Dienstleister – hierzu zählen unter anderem Friseure, Fotografen, Kosmetiker – konnten ein Umsatzplus verbuchen. 14 Prozent (2024: 12 Prozent) der Betriebe steigerten die Absatzzahlen.

Deutlich mehr Unternehmen konnten höhere Verkaufspreise am Markt durchsetzen. 45 Prozent der Autohäuser und Kfz-Werkstätten sowie 37 Prozent der Nahrungsmittelhandwerke erzielten höhere Verkaufspreise. Das ist angesichts der hohen Kosten für Material, Vorprodukte und Energie auch notwendig, um wirtschaftlich zu bleiben.

Die Zahl der Mitarbeiter im sächsischen Handwerk bleibt weitgehend stabil. Rund 280.000 Frauen und Männer sind in den Unternehmen beschäftigt (ein- schließlich Inhaber). 12 Prozent der Betriebe freuten sich über mehr Personal, 13 Prozent mussten Abgänge verkraften. Die Unternehmen investieren viel, um ihre Fachkräfte zu halten. Sie wissen, dass gute Mitarbeiter am freien Markt rar sind. Auch in Zukunft wollen die Betriebe weiterhin an ihrer Belegschaft festhalten.

Die vielfach angespannte wirtschaftliche Lage der Unternehmen hat unmittelbare Auswirkungen auf das Investitionsverhalten. Das Volumen verharrt auf einem niedrigen Niveau. Das Motto ist, erstmal abwarten und schauen, wie sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen entwickeln. Es fehlt die Planbarkeit und an Zuversicht. 36 Prozent der Unternehmen gaben an, dass sie im Berichtsquartal weniger investiert haben. Mehr Geld in die Hand genommen hat lediglich jeder zehnte Betrieb. Wenn investiert wurde, dann hauptsächlich im Bereich Ersatz.

Das sächsische Handwerk erwartet für die kommenden Monate keinen Aufschwung. Im Gegenteil: 44 Prozent der Betriebe rechnen mit nochmals schlechter laufenden Geschäften. Das sind 19 Prozentpunkte mehr als Herbst 2024. Damit sinken die Erwartungen auf einen Tiefstand, wie es ihn seit zehn Jahren nicht mehr gab.

Betroffen sind alle Gewerke. Die Bauwirtschaft, die viele Jahre die Konjunktur maßgeblich positiv belebt hat, fällt als Taktgeber derzeit aus. Einzig der soziale Wohnungsbau läuft weitgehend normal.

„Wir müssen schnell raus aus der Negativspirale“, sagt Andreas Brzezinski.
„Das Eigenkapital in etlichen Unternehmen ist aufgezehrt bzw. abgeschmolzen. Unsere Wirtschaft muss endlich wieder wachsen. Dieses Ziel muss Priorität im politischen Handeln haben.“


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An der Herbstkonjunkturumfrage 2025 im sächsischen Handwerk nahmen 1.305 von insgesamt 8.176 angeschriebenen Unternehmen teil. Die Rücklaufquote beläuft sich damit auf 16 Prozent. Der Umfragezeitraum war der September 2025.

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