06.11.2025
Die Handwerksbetriebe brauchen endlich Entlastungen, die in ihrem Alltag an- kommen. Das sagte der Präsident des Sächsischen Handwerkstages, Uwe Nostitz, am Donnerstag in Dresden. Aktuell steht das Handwerk von mehre- ren Seiten unter Druck. Der Privatkunde als Auftraggeber agiert zurückhaltend. „Wenn Menschen jegliche Zuversicht für künftige Projekte und Ausga- ben fehlt, ist nachvollziehbar, wenn diese vorerst ihr Geld zusammenhalten“, so der Bauunternehmer.
Auf der anderen Seite belasten die hohen Abgaben und Kosten die wirtschaftliche Lage der Unternehmen. Um diese gefährlichen Entwicklungen zu stop- pen, sieht das sächsische Handwerk politischen Handlungsbedarf vorrangig in folgenden Kernpunkten:
1. Fach- und Teillosvergabe ohne „Wenn und Aber“ anwenden.
Bauturbo schnell in den Kommunen umsetzen
Das Sondervermögen für die Infrastruktur kann einen wesentlichen Impuls für die Bauwirtschaft – dem Zugpferd des Handwerks – setzen. Sachsen kann mit mehr als vier Milliarden Euro rechnen.
„Dieses Geld muss bei den regionalen Betrieben ankommen. Dafür braucht es klare Prioritäten, schnelle Verfahren und eine mittelstandsgerechte Umsetzung. Wir fordern daher: Land und Kommunen müssen ohne Wenn und Aber an dem Prinzip der Fach- und Teillosvergabe festhalten“, sagt Uwe Nostitz. Im Rahmen des geplanten Vergabebeschleunigungsgesetzes ist eine Aufweichung des Grundsatzes geplant. „Dagegen wehren wir uns.“
Generalübernehmer (GÜ)-Vergaben dürfen nur die absolute Ausnahme sein. Sie erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass regionale Unternehmen gar nicht oder wenn, dann nur als Subunternehmen zum Zuge kommen. „Die Handwerksbetriebe stehen dann am Ende der Kette, was die Auftragsbedingungen anbelangt. Man kann an dieser Stelle wirklich sagen: Den Letzten beißen die Hunde.“
Der Bauturbo geht in die richtige Richtung. „Jetzt kommt es darauf an, dass die sächsischen Kommunen die Regelungen zügig im Alltag anwenden. Dafür braucht es personell, fachlich und digital gut aufgestellte Bauämter. Hier sehen wir noch deutlich Verbesserungspotenzial“, so der Präsident des Sächsischen Handwerkstages.
2. Berufsorientierung ausbauen, Unternehmensnachfolge neu denken.
Rund 19.000 Handwerksbetriebe in Sachsen stehen in den kommenden zehn Jahren zur Übergabe an. Damit verbunden sind knapp 78.000 Arbeitsplätze und ein Umsatzvolumen von etwa 12,6 Milliarden Euro. „Es geht hier nicht nur um das Handwerk. Es geht hier um Sachsens Wirtschaft“, erklärt Uwe Nostitz.
Gleichzeitig strebten in jüngerer Vergangenheit immer weniger Menschen eine Selbstständigkeit an. „Wir brauchen einen Mentalitätswechsel. Der fängt schon in der Schule an. Wir fordern eine verpflichtende Berufsorientierung in allen Schulformen, die praxisbezogen auf Ausbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten in Handwerk und Gewerbe Bezug nimmt. Und die das Unter- nehmertum als einen Lebensweg unter vielen gleichberechtigt darstellt.“
Ein Drittel der Meisterabsolventen strebt die Selbstständigkeit an. „Je mehr Meister wir ausbilden, desto mehr Unternehmer könnten wir in Zukunft haben. Wir fordern deshalb weiterhin eine Verdoppelung des Meisterbonus auf 4.000 Euro. Das wurde im Wahlkampf versprochen.“
Geld allein mache noch keine erfolgreiche Nachfolge. Vor allem die Bürokratie schreckt junge Menschen ab, sich selbstständig zu machen. „Auch hier brauchen wir einen Mentalitätswechsel. Bundesweit mussten die Unternehmen in den letzten drei Jahren 325.000 Arbeitskräfte zusätzlich einstellen, um die gewachsene Bürokratie zu bewältigen. Wir haben jegliches Maß verloren“, so Uwe Nostitz.
3. Ländliche Räume durch „Handwerker für das Land“ stärken – Versorgungsstrukturen erhalten.
Die Stärke des Handwerks liegt im ländlichen Raum. Dort sind die Unterneh- men häufig die einzigen Arbeitgeber. Sie bilden junge Menschen aus und ge- ben ihnen Perspektiven in dünn besiedelten Regionen. Doch gerade im ländlichen Raum stirbt das Handwerk leise. In den letzten 15 Jahren sank die Zahl der sächsischen Handwerksbetriebe um etwa 5.000, viele davon in Dörfern und kleineren Städten.
Umso mehr ist aus Sicht des Sächsischen Handwerkstages das Land gefordert, auch entfernte Gebiete besser an die Ballungszentren anzubinden - durch einen gut ausgebauten ÖPNV, durch schnelles Internet, durch attraktive Lebensbedingungen, durch eine gute soziale Infrastruktur für Familien.
Vergleichbar mit dem Hausarztstipendium könnte man Anreize schaffen, dass Handwerksmeister im ländlichen Raum ein Unternehmen gründen oder einen bestehenden Betrieb übernehmen. So könnte zum Beispiel die Meisterschule finanziert sowie die Unternehmensnachfolge oder der Start der Existenz begleitet werden, „Handwerker für das Land“ sozusagen.
„Es geht dabei auch um Versorgungsstrukturen, die für die Bevölkerung aufrechterhalten werden sollten. Wir fordern die Landespolitik auf, gemeinsam mit uns nach kreativen Lösungen zu suchen. Wir stehen bereit!“, so Uwe Nostitz.
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Als größte Landeshandwerksorganisation im Osten Deutschlands vertritt der Sächsische Handwerkstag aktuell mehr als 54.000 Handwerksbetriebe, in denen etwa 280.000 Menschen beschäftigt sind. Sie erwirtschafteten im vergangenen Jahr einen Umsatz von knapp 36 Milliarden Euro.